Glaukom bei Hunden

Bei Hunden treten ähnliche Krankheitserscheinungen der Augen auf, wie bei Menschen

Ein Glaukom ist eine der folgenschwersten Augenerkrankungen – nicht nur beim Hund

Bei vielen unserer Seniorenhunde lässt das Sehvermögen im Alter langsam nach. Diese normale Entwicklung gehört zum Lauf der Dinge und braucht keinen Hundehalter zu erschrecken. Leider treten neben gewöhnlichen Alterserscheinungen auch Erkrankungen am Auge auf, die schwerwiegend in das Sehvermögen deines Lieblingstiers eingreifen und mitunter sogar zur Erblindung führen. Einige dieser Leiden fassen Mediziner unter dem Begriff „Glaukom“ oder auch „Grüner Star“ zusammen. Diese Gruppe verschiedener Augenerkrankungen, die meist lange Zeit unbemerkt bleiben, geht stets mit einem erhöhten Augeninnendruck und einer gestörten Funktion des Auges einher.

Der Begriff Glaukom wurde von Aristoteles geprägt. Er bezeichnete damit die blau-grün-schimmernde Färbung, die eine entzündete Regenbogenhaut aufgrund eines erhöhten Augeninnendrucks erhält.

Das Hundeauge

Bei Hunden treten ähnliche Krankheitserscheinungen der Augen auf, wie bei Menschen: Tränende Augen (Epiphora), Bindehautentzündung (Konjunktivitis), Augenliderkrankungen (z.B. Lidrandtumore, Gerstenkorn – auch als Hordeolum bekannt). Ebenso können Hunde unter Erkrankungen der Hornhaut (z.B. akute Verletzungen oder Traumata – wie die Schäferhundkeratitis) leiden, oder die Linse kann betroffen sein (z.B. Linsentrübung beim Grauen Star – auch Katarakt genannt). Doch worin unterscheiden sich deine Augen von denen deines Schützlings? Hundeaugen sind flacher und bestehen größtenteils aus den lichtempfindlichen Netzhautzellen (Stäbchen und Tapetum lucidum), damit die Vierbeiner in der Dämmerung gut sehen.

Stellen wir uns nun den Augapfel als eine Art Ball vor. Ähnlich wie die Druckluft im Inneren des Balls durch beispielsweise Leder in Form gehalten wird, hat auch der so genannte Bulbus (Augapfel) eine äußere Hülle. Sie besteht vorne heraus aus einer durchsichtigen Hornhaut als Schutzschicht. Auf der vom Betrachter abgewandten Seite, quasi in der Augenhöhle, umzieht eine weiße Lederhaut den Bulbus. Exakt an der Grenze von Horn- und Lederhaut wölbt sich nach innen die Iris (Regenbogenhaut) und mit ihr das „Guckloch“ in die Welt, genauer gesagt die Pupille.

Hinter der Iris befindet sich der Ziliarkörper – auch Strahlenkörper genannt -, der mit Muskeln und Fasersträngen (Zonulafasern) die Linse in Position hält und die Anpassung des Krümmungsradius (Akkomodation) steuert. Er ist aber auch für die Produktion vom Kammerwasser verantwortlich. Die Flüssigkeit wird in die hintere Augenkammer abgegeben, füllt den gesamten Innenraum des Augapfels und versorgt so die nicht durchbluteten inneren Strukturen des Auges unter anderem mit Elektrolyten, Aminosäuren, Zucker und Hyaluronsäure. Kleiner Nebeneffekt: Das Kammerwasser ist sogar mit lokalen Abwehrzellen (Immunglobulinen) ausgerüstet.

Die Menge und die Verteilung des Kammerwassers bestimmen den Augeninnendruck. Ist dieser Druck zu hoch, kann das schmerzhafte Folgen haben und unterschiedliche Formen eines Glaukoms auslösen. In der Regel passiert das, wenn der Flüssigkeitsabfluss in das venöse Blutgefäßsystem gestört ist (ein kleiner Teil – etwa 15% – fließt auch als uveoskleraler Abfluss über die Gefäße des Ziliarkörpers und der Iris ab), oder die Verteilung des Kammerwassers nicht mehr möglich ist.

Je nach Krankheitsbild kann der Druck plötzlich (akut) steigen oder sich langsam entwickeln und somit chronisch auftreten. Ein akutes Auftreten führt innerhalb weniger Stunden zu einer Erblindung (Glaucoma absolutum).

Das Primärglaukom

Den Raum zwischen Iris und Hornhaut bildet die vordere Augenkammer, an deren Ecken sich die Kammerwinkel befinden. Hier fließt im Normalfall das Kammerwasser durch den Schlemm-Kanal wieder ab. Wenn es sich um ein Primärglaukom handelt, dann liegt das an einem verengten oder missgebildeten Kammerwinkel (Goniodysplasie).

Das Primärglaukom ist die Folge eines verformten Kammerwinkels von Geburt an. Bei dieser erblich bedingten Erkrankung, verschließt sich der Kammerwinkel irgendwann im Laufe des Lebens plötzlich und der Augeninnendruck steigt auf gefährlich hohe Werte an. Leitsymptome vom Glaukom sind ein gerötetes Auge, eine weite und vor allem starre Pupille (reagiert nicht auf Licht) und ein hoher Augeninnendruck. Häufig zeigen Hunde diesen schmerzhaften Zustand auch unspezifisch – beispielsweise, indem sie oft ihre Augen zukneifen. Handle also schnell, wenn du das bei deinem Liebling beobachtest. Es kann zwar auch eine harmlose Bindehautentzündung sein, aber du solltest auf jeden Fall auf Nummer sicher gehen.

Das Primärglaukom tritt häufig im Alter von drei bis sieben Jahren auf und betrifft in der Regel zuerst nur ein Auge. Das zweite wird jedoch mit hoher Wahrscheinlichkeit auf kurz oder lang auch erkranken (innerhalb Monate oder Jahre). Rassen, die eine ausgeprägte Anfälligkeit für ein Primärglaukom haben, sind unter anderem der Sibirische Husky, der Malteser, der Pudel, der Bouvier des Flandres (Flandrische Treibhund), der American Cocker Spaniel, der Englische Cocker Spaniel, der Dackel, der Basset Hound, der Alaskan Malamute, der Chow Chow, der Dalmatiner, der Entlebucher Sennenhund, der Samoyede, der Shar Pei und viele Terrier-Rassen.

Das Sekundärglaukom

Ein erhöhter Augeninnendruck kann auch als Folge einer anderen Erkrankung auftreten – als so genannter Sekundärglaukom. Hier findest du einige Vorerkrankungen, die als Auslöser fungieren können:

  • Tumor: Im Bereich des Ziliarkörpers und der Iris können sich Tumore bilden, die das Abflusssystem stören und damit den Innendruck erhöhen.
  • Entzündung: Durch einen Katarakt oder Infektionskrankheiten können sich einzelne Zellen aus der vorderen Augenkammer im Kammerwinkel absetzen und ihn verstopfen.
  • Einblutung: Auch freigesetzte Blutzellen aufgrund von Gerinnungsstörungen oder Traumata können zu Verstopfungen am Kammerwinkel führen.
  • Linsenluxuation: Je nach Positionierung stört oder unterbricht unter gewissen Umständen eine verlagerte Linse den Abfluss von Kammerwasser. Da eine luxierte Linse nicht ruhig liegt, ist das Sekundärglaukom auch die häufigste und am meisten gefürchtete Komplikation bei einer Linsenluxuation. Es gibt zudem bestimmte Rassen, die erblich bedingt zu einem frühzeitigen Reißen der Zonulafasern neigen. Verkeilt sich die unfixierte Linse in der Pupille, kommt es zu einem so genannten Pupillarblockglaukom.

Australian Cattle Dog, Deutsche Jagdterrier, Jack-Russel-Terrier und Yorkshire Terrier können beispielsweise schon im Alter von vier bis sechs Jahren an einem Glaukom aufgrund einer Linsenluxation leiden. Nennst du einen Vertreter dieser Rassen deinen Schützling, solltest du bei einem schmerzhaften, trüben und/oder rotem Auge sofort deine(n) TierärztIn konsultieren. Sprich mit ihm/ihr über eine mögliche Erkrankung und eine eventuell notwendige Überweisung an eine Tieraugenpraxis.

Symptome eines Glaukoms bei Hunden

Bei einem Glaukom können drei bezeichnende Symptome auftreten; daher spricht man hier auch von den so genannten Glaukom-Trias. Es ist jedoch nicht gesagt, dass immer alle drei Krankheitsanzeichen auftreten und die Intensivität immer gleich aussieht. Zudem zeigen nicht alle Rassen und Charaktere identische Reaktionen bezüglich des Schmerzempfindens.

Glaukom-Trias

  • Rotes Auge aufgrund gestauter episkleraler (zur Episklera gehörend, der obersten Schicht der Lederhaut) Gefäße
  • Geweitete und starre Pupille (Myadisasis)
  • Schmerzen aufgrund erhöhtem IOD (intrakularer Druck = Augeninnendruck). Ab einem IOD von 30 mmHg (Millimeter Quecksilbersäule) treten migräneartige Kopfschmerzen auf. Hunde zeigen das, indem sie sich zurückziehen, kaum essen und viel schlafen. Zudem reiben die Vierbeiner gerne am Auge, um den vermeintlichen Fremdkörper als Schmerzverursacher zu entfernen. Der Augeninnendruck beider Augen ist zudem um mindestens 20% unterschiedlich.

Neben den Glaukom-Trias können jedoch auch andere Symptome auftreten:

  • Hydrophthalmus (vergrößerter, hervortretender Augapfel) – durch chronisch erhöhtem Druck dehnen sich Horn- und Lederhaut. Die Dehnung führt unter Umständen wiederum zum Reißen der Zonulafasern, welches eine Linsenluxuation zur Folge haben kann.
  • Hornhauttrübung – bei einem erhöhten IOD kommt es mitunter zu Wassereinlagerungen. Diese überlagern die Hornhaut und nehmen ihr dadurch ihre Transparenz.
  • Erblindung – Feine Strukturen im Auge halten einen erhöhten IOD nicht stand und die Netzhautzellen sterben ab.
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Diagnose und Therapie des Glaukoms

Bei Verdacht eines Glaukoms misst der/die TierärztIn durch ein Tonometer den intraokularen Druck. Die Normwerte für ein gesundes Hundeauge liegen im Bereich von 10 und 20 mmHg (je nach Studie und verwendetem Messinstrument etwas unterschiedlich). Da Primärglaukome häufig eine Erkrankung an beiden Augen bedingen – wobei das nicht zeitgleich geschehen muss – ist die Druckmessung auch beim vermeintlich gesunden Auge unbedingt notwendig.

Mit der Spaltlampe können schließlich das Augeninnere und die Position der Linse kontrolliert werden. Tumore, Entzündungen und Einblutungen sind mit dieser Methodik schnell entdeckt. Handelt es sich bei der Krankheit um ein Primärglaukom müssen unter Umständen unter Lokalanästhesie mit einer speziellen Gonioskopie-Linse die Kammerwinkel kontrolliert werden.

Leidet dein Lieblingstier unter einem Glaukom, bekommt es in der Tierarztpraxis zunächst ein Mittel, um den Druck im Auge zu senken. Der medikamentelle Therapieansatz greift, indem die Kammerwasserproduktion gehemmt oder der Abfluss gesteigert wird. Der Augeninnendruck sollte bereits bei ersten Kontrollmessungen nach etwa 30 Minuten einen niedrigeren Wert aufweisen. Das führt im Idealfall über einen Zeitraum von bis zu vier Stunden zu einem Absinken unter 25 mmHg. Hilft bei akuten Glaukomen mit stark erhöhtem inneren Augendruck keine medikamentelle Behandlung, muss die Augenvorderkammer punktiert werden, um den Druck abzulassen. Gegebenenfalls ist eine kurze Sedation erforderlich, denn nicht alle tierischen Patienten halten bei dieser Behandlung brav still.

Leider müssen sich Halter von tierischen Glaukompatienten häufig mit dem Gedanken anfreunden, dass nur ein chirurgischer Eingriff dauerhaft Linderung schafft. Beispielsweise bei Linsenverlagerung, Tumoren oder einem genetischen Verschluss des Kammerwasserabflusses erhalten nur OPs am erkrankten Auge die Sehkraft oder befreien den Vierbeiner langfristig von Schmerzen. Ist deine Fellnase bereits am kranken Auge erblindet, kannst du zudem zwar ihr Leben lang das Auge mit Tropfen versorgen, in einigen Fällen ist die Entfernung des Auges jedoch die bessere Alternative für deinen Liebling. Auch bei einem Tumor sollte der Eingriff aufgrund der Gefahr von Metastasenbildung endgültig sein.

Bei chirurgischen Eingriffen kann der/die auf Augenheilkunde spezialisierte TierärztIn den Ziliarkörper durch Kältesonden oder Laser zerstören, oder durch das Einsetzen dünner Schläuche die Abflussleistung für das Kammerwasser erhöhen. Oft ist aber eine Entfernung des erkrankten Auges sinnvoller, weil Hunde zu viel Entzündungsprodukte (Fibrin) bilden, diese den Shunt verstopfen und der Eingriff nicht funktioniert. Das betroffene Auge ist ständig eine Bedrohung für das Lieblingstier und eine Entfernung verschafft Linderung und mindert Stress (zum Beispiel durch ständige Besuche in der Tierpraxis). Das ist zwar eine Schreckensbotschaft für dich, aber dein Tier kommt auch mit einem Auge hervorragend zurecht.

Das Glaukom ist eine der folgenschwersten Augenerkrankungen und kann innerhalb kürzester Zeit – bei der akuten Form hat man ein Zeitfenster von 48 bis 72 Stunden – zu irreversiblen Schäden bis hin zur Erblindung führen. Ein Glaukomverdacht ist immer ein Notfall und sollte daher auch am Sonntagabend zur Erstversorgung in einer Tierklinik vorgestellt werden. Die Kontrolle kann dann wiederum von einem/einer AugenspezialistIn übernommen werden. Nutze dein erworbenes Wissen über Symptome und prädisponierende Rassen, um deinem Liebling gut vorbereitet ein schmerzhaftes Martyrium zu ersparen und seine Sehkraft zu bewahren.

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